Kategorie: Suchmaschinen


Im Frühherbst 2013 hat Google zum 15-jährigen Jubiläum der Google-Suche seinen Suchalgorithmus angepasst. Das Update, Hummingbird (deutsch: Kolibri) genannt, beeinflusst seitdem laut Google mehr als 90% aller weltweiten Suchanfragen. Es kann in diesem Fall also durchaus eher von einer Revolution denn von einer Evolution gesprochen werden.

Die Ausgangssituation

Im Vordergrund des Updates steht die Zielsetzung Suchanfragen von Nutzern und die mit Suchanfragen verknüpften Handlungsabsichten noch besser zu verstehen – um dadurch die Ermittlung der für den Nutzer relevanten Suchergebnisse zu verbessern.

Google möchte nicht mehr einfach nur Webseiten finden, die zu der eingegebenen Suchabfrage passen, die also die Wortbestandteile der eingegebenen Suchabfrage enthalten. Google möchte stattdessen Suchanfragen interpretieren, also die inhaltliche (d. h. semantische) Bedeutung von Suchanfragen erkennen und verstehen. Ziel der semantischen Suche ist dabei nicht die mehr oder weniger isolierte Betrachtung und Verknüpfung einzelner Suchbegriffe (bzw. Keywords), sondern die integrierte, ganzeinheitliche Interpretation der gesamten Suchanfrage des Nutzers.

Benutzer sollen eine konkrete Frage stellen und dann eine logische und relevante Antwort (man könnte auch sagen: eine intelligente Antwort) erhalten. Nutzern soll, abhängig von ihrem Kontext (bestimmt durch Faktoren wie Ort, Zeit, Endgerät etc.), genau diejenige Antwort zu einer Suchanfrage bereitgestellt werden die am relevantesten ist.

Das, ganz ehrlich, ist aber extrem schwierig. Verfahren und Ansätze für die semantische Suche sind äußerst komplex und Gegenstand intensiver Forschungen. Gegenwärtige Ergebnisse sind (noch) nicht immer überzeugend.

Eine wichtige Konsequenz aus dem Hummingbird-Update bzw. aus der Idee der semantischen Suche ist aber, dass sich die Gestaltung von Webauftritten zukünftig sehr viel stärker an der individuellen Situation und den spezifischen Absichten von Nutzern orientieren muss.

Anders gesagt: Webseiten müssen stärker als bisher Kontext schaffen. Kontext schaffen bedeutet dass Suchmaschinen die Bedeutung (~ Semantik) von Wörtern und Sätzen nicht mehr nur in einem rein sprachlichen Kontext sondern im unmittelbaren Gesamtkontext ihres Gebrauchs erkennen und verstehen müssen. Komplexe Texte, als Beispiel, können eigentlich nur dann korrekt verstanden und als für eine Suchanfrage als relevant identifiziert werden, wenn der Kontext bekannt ist, in bzw. zu dem der Text ursprünglich geschrieben wurde. Genau diesen Kontext kennen Suchmaschinen per se jetzt aber nicht.

Bezogen auf die Gestaltung von Webseiten führt dies zu vier Überlegungen:

Überlegung 1: Fragen

Wann immer Menschen eine Suchmaschine benutzen, dann haben Sie letztlich eine Frage – und zwar immer! Mit Hilfe der Suchmaschine suchen die Nutzer nach einer Antwort auf diese Frage.

Überlegung 2: Situationsorientierung

Sowohl die Frage als auch deren Beantwortung (z. B. durch eine Webseite) werden dabei sehr stark von der individuellen Situation und den spezifischen Handlungsabsichten des Nutzers beeinflusst – also von seinem Kontext.

Überlegung 3: Kontext

Der Kontext während der Formulierung einer Suchanfrage setzt sich aus vielen Kontextfaktoren zusammen, z. B. dem aktuellen Aufenthaltsort eines Nutzers, der aktuellen Zeit, dem aktuell genutzten Gerät oder auch der aktuellen Gefühlslage des Nutzers.

Überlegung 4: Dynamik

Der Kontext eines Nutzers ändert sich fortwährend, ist also dynamisch, extrem sogar. Genau diese Überlegungen müssen dann also bei der Gestaltung einer Webseite Beachtung finden. Das ist aber wesentlich einfacher gesagt als getan. Ansatzpunkte heute sind dynamische Landing Pages, aber auch eine dynamische, situationsspezifische Bildsprache bzw. situationsspezifische Texte. Wesentliches Hilfsmittel ist in jedem Fall HTML5. Die heute wichtigste Sprache des Web stellt in der fünften Version spezielle neue HTML-Elemente zur Verfügung, um Webseiten mit Kontextinformationen anzureichern.

Am Ende könnte die semantische Suche unter Umständen sogar das Ende klassischer Zielgruppenanalysen einläuten. Denn im Zentrum stehen nicht mehr Zielgruppen, sondern Situationen.

Was können Sie tun?

Stand heute – neben der semantischen Anreicherung Ihrer Webseite mit HTML5 - eher wenig! Ein interessanter Ansatzpunkt kann aber die intensive Verwendung rhetorischer Fragen auf Webseiten sein, z. B. als Überschriften. Rhetorische Fragen können Suchmaschinen Hinweise auf die Situation geben, in der sich Nutzer befinden, wenn diese die Webseite aufrufen. Ein Beispiel einer rhetorischen Frage für eine Webseite die Handy-Verträge verkauft könnte sein: „Wie finde ich den für mich günstigsten Handy-Vertrag?“ Ein Beispiel einer rhetorischen Frage einer Webseite eines Handwerkers am Bodensee könnte sein: „Was ist der beste Schreiner am Bodensee?“


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Die Digitalisierung überrennt Gesellschaft, Unternehmen und jeden Einzelnen von uns mit unvorstellbarer Dynamik und Wucht. Während manche Auswirkungen in unserem Alltag sichtbar und spürbar sind, bleibt vieles andere vage und im Verborgenen. Das Bild eines Eisbergs beschreibt diese Situation treffend. Wir sehen v. a. das, was über der Wasseroberfläche zu erkennen ist. Das jedoch, was unterhalb des Wasserspiegels verbleibt, ist weitestgehend unbekanntes Land. Dieses unbekannte Land greift das Blog „Ereignishorizont Digitalisierung“ auf. Es geht um Neuland-Missverständnisse, Gar-Nicht-So-Weit-Weg-Zukunftsfantasien und What-the-Fuck-Momente. Sicher selektiv. Immer auch subjektiv! Besondere Zielgruppe sind Entscheider und Gestalter der Digitalisierung und Digitalen Transformation.


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